Vorwort

Haben Sie sich, werter Leser, schon einmal über Design unterhalten? Wenn ja, konnten Sie beschreiben, warum sie ein Design packt und das andere nicht? Oder warum ein Design erfolgreich ist, obwohl es Ihnen nicht gefällt? Fiel Ihnen das leicht? Mir nicht! Und das obwohl ich mich sehr gern über Design unterhalte und auch streite. Früher dachte ich, es würde mir an dem nötigen Fachwissen fehlen. Der Versuch mir dies anzueignen scheiterte mit der Erkenntnis, dass es dieses gesuchte Fachwissen gar nicht gibt.

Bitte verstehen Sie mich nicht falsch! Natürlich kann sich ein jeder Designer Wissen über seine Disziplin aneignen. Selbstverständlich ist es wichtig, dass man sich mit dem Material auskennen sollte, mit dem man arbeitet, sei es Holz, Video oder Typografie. Das sind jedoch fachtechnische Kenntnisse, dies es einem erleichtern ein Designprodukt herzustellen. Und freilich sollte man auch seine Zielgruppe bestimmen können. Das sind aber markttechnische Kenntnisse.

Vielleicht merken Sie – wir werden Haare spalten! Bitte lassen Sie mich das, anhand eines Beispiels aus der Typografie, erläutern: Natürlich werden Sie qualitativ bessere typografische Produkte gestalten, wenn Sie sich mit Schrift und Satz auskennen. Noch besser wird das Ergebnis, wenn Sie über Papiere und Druckverfahren bescheid wissen. Aber können Sie auch schlüssig argumentieren, warum es genau diese, von Ihnen gewählte, Schrift sein muss? Vielleicht können Sie Ihre Entscheidung auf historischen oder zeitgenössischen Beispielen begründen. Aber ehrlich gesagt sind Sie doch eher Ihrem Bauchgefühl gefolgt, oder? Das ist in den meisten Fällen auch gut so, nur wie lässt sich dieses schlüssig vermitteln oder auch überprüfen? Meiner Meinung nach fehlen uns dafür der angemessene Wortschatz und Beobachtungsweisen.

Mit dem sogenannten »Offenbacher Ansatz«, der an der Hochschule für Gestaltung Offenbach am Main im Jahr 1983 entwickelt wurde, versucht Jochen Gros, et al. herauszufinden, wie solche Betrachtungsweisen und der entsprechende Wortschatz aussehen könnten. Das Ergebnis ist nicht schön zu lesen, aber der Inhalt hat mir neue Perspektiven auf Design und Designobjekte gezeigt und mich offener für Gestaltung gemacht, die vielleicht nicht ganz meinem Geschmack oder Verständnis von gutem Design entsprechen – was ja auch ein schöner Nebeneffekt ist!

Also, lassen Sie sich ruhig darauf ein, etwas über Produktsprache zu erfahren und lernen Sie, dass die Funktion von Design nicht nur eine technische ist.

Viel Spaß dabei,

Pete Sekan


Disclaimer:

Dieser Aufsatz bezieht sich nur auf die »Grundlagen einer Theorie der Produktsprache« von Jochen Gros, Offenbach 1983, sowie meiner Interpretation, Erfahrung und Meinung. Es wichtig, dass man die Möglichkeit und auch den Willen hat, das Original zu lesen.